Montag, 7. September 2009

Hartmut Mechtel:
Dienstbesprechung

Tatort: Duisburg, Landschaftspark Nord

»Das ist kein Fall für den Staatsschutz«, sagte Koslowski.
»Eine gewagte Hypothese«, erwiderte Damberg.
»Nicht wenn ich ihn gelöst habe.«
»Sie haben ihn gelöst?«
»Noch nicht, aber …«
»Na also!«
»Sprechen wir drüber.«
»Ihr erster vernünftiger Satz.«
Die beiden saßen sich im Büro des Ersten Kriminalhauptkommissars Koslowski an dessen Schreibtisch im Duisburger Präsidum an der Düsseldorfer Straße gegenüber, was Koslowski als durchaus passende Kulisse für ihre Begegnung empfand. Immerhin hatte ihn Damberg aufgesucht, als ihm der Fall übertragen worden war. Weniger aus Höflichkeit - die gab es zwischen ihnen nicht - als vielmehr um das Material, das Koslowski bisher gesammelt hatte, ohne Verluste an sich zu bringen.
»Beginnen wir mit dem Videofilm«, sagte Koslowski. »Der zeigt deutlicher als unsere Fotos, worum es hier geht.«
»Ein Film?«
»Heute morgen um vier Uhr machte sich der Ingenieur Peter Böhmer auf den Weg in den Landschaftspark Nord, um bei Sonnenaufgang die Natur abzulichten. Vermutlich war er der erste Besucher, es gibt ja keinen Einlass, und er selber hat niemanden gesehen, bis er uns anrief. Er kennt sich gut aus, er liebt den Park, der schönste Ort in Duisburg, sagt er. Im Morgengrauen war er in der Wildnis auf Posten und schoss mit seiner Digicam die ersten Aufnahmen.«
Koslowski drehte den Flatscreen zur Seite, so dass beide ihn betrachten konnten, und startete den Film mit einem Mausklick. In der Erwartung, den Täter präsentiert zu bekommen, schaute Damberg auf den Monitor.

weiter in: Hängen im Schacht

weitere Krimis aus Duisburg:
Niklaus Schmid: »Entenfang«
Klaus Stickelbroeck: »Grüne Augen«


Der Autor:
Hartmut Mechtel
, geboren 1949 in Potsdam, studierte Journalistik in Leipzig, war Redakteur der »Freien Erde« in Mecklenburg und seit 1978 Autor und freier Theater- und Literaturkritiker für Zeitung und Hörfunk. Er gehörte zu den Gründern ersten und lange Zeit einzigen freien Theatergruppe der DDR (theater Zinnober) und trat auch als Schauspieler auf. Als Autor schreibt er Romane, Erzählungen, Dokumentationen, Fernsehspiele, Stücke, Hörspiele und Essays. 1997 erhielt er für seinen Thriller »Der unsichtbare Zweite« den Friedrich-Glauser-Preis, und 2001 wurde er für seine »Martin-Parr-Trilogie« mit dem Berliner »Krimifuchs« ausgezeichnet.

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