Freitag, 4. September 2009

Conny Lens:
… dann hätte ich wenigstens was davon gehabt

Tatort: Dortmund

Hier kam keiner hin. Nicht mal die Junkies, die immer an der S-Bahn rumhingen. Die Hohlaugen mit den zittrigen Fingern. Warum lange Wege? Die setzten sich ihren Schuss direkt in der Unterführung, sogar wenn Leute vorbei gingen. Nicht mal Liebespärchen kamen her, abends in ihren Astras oder Polos, für die schnelle Liegesitznummer. Bei den vielen kaputten Flaschen, die hier rumlagen, da ist so'n Reifen schnell im Arsch. Nicht mal Rentner mit kackenden Kötern, zu weit weg von der Hochhaussiedlung. Hier kamen nur Jannik und Moritz hin, weil sie sieben waren und beste Freunde und ihre Mütter nicht wollten, dass sie sich da rumtrieben. Moritz sah die Frau zuerst. Sie lag halb in einem Strauch, das Gesicht blau angelaufen, den Rock bis zum Hals hochgeschoben. Jannik kotzte, wo er stand.
***
Die halbe Siedlung kam hin. Jedenfalls so nah, wie die Absperrbänder reichten, an denen zwei Bullen standen und auf hart machten. Weiter hinten standen Streifenwagen und ein Kombi, und noch weiter hinten sah man Leute in so weißen Schutzanzügen, wie im Fernsehen. Richtig erkennen konnte man nichts. Nur hören, was sich inzwischen rumgesprochen hatte. Dass es die Savelsberg wäre, die Michaela. »Kennst du doch. So 'ne schmale. Die Mutter hatte früher den Friseursalon an der Mallinckrodtstrasse.« Vergewaltigt und erwürgt.
***
Vergewaltigt und erdrosselt, mit der eigenen Strumpfhose, hieß es abends im Deutschen Haus. »Erwürgt ist nämlich, wenn du nur die Hände nimmst«, meinte Hännes Plaßmann und kuckte wichtig. Weil, sein Nachbar, der Werner Schabulek hatte doch einen Bruder bei der Polizei. Und der wusste das. »Das Schwein sollten sie aufhängen. Aufhängen und vorher die Eier abschneiden, ist doch wahr.«

weiter in: Hängen im Schacht

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Der Autor:
Conny Lens, geboren 1951 in Essen, war EDV-Angestellter und ist seit jeher der Kriminalliteratur verfallen. Er veröffentlichte die erfolgreiche Krimiserie »Steeler Straße« mit dem Essener Privatschnüffler Wolli Schröder, schrieb zahlreiche Hörspiele und ist seit einigen Jahren Drehbuchautor - unter anderem für den ZDF-Serienklassiker »SOKO 5113«.

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