Tatorte: Essen-Rüttenscheid, Essen Schonnebeck
»Ihnen ist schon klar, Herr Hummerbrumm, dass Sie das MIT einem Anruf wahrscheinlich selbst klären könnten«, sagte Karo. Ein Palmwedel stach sie in den Nacken. Sie wischte ihn weg. Diese Dschungelatmosphäre ging ihr auf die Nerven. Sie fühlte sich in der feuchten Wärme welken. Gefühlte fünfundzwanzig Grad, und das im November. Sie wollte ein Himbeereis.
»Nein, Frau Rutkowsky, es ist sicherer, wenn Sie das übernehmen. Ich will kein Wagnis eingehen. Die Mitglieder unserer Gesellschaft sitzen überall. Ich will keinen Verdacht erwecken, verstehen Sie?« Die Augen des kleinen Mannes glänzten. Seine sorgfältig überkämmte Halbglatze ebenfalls.
Na, wenn ihm ein bisschen Verfolgungswahn Freude bereitete, war es kaum ihre Aufgabe, ihn davon zu befreien. Karo klappte ihr Notizheft auf. »Also. Wie hieß diese Karl-May-Figur noch?«
»Psst, nicht so laut, ich bitte Sie.« Herr Hummerbrumm sah sich um. Fürchtete er wirklich, hinter der Kokospalme könnte ein Spion lauern? »Also. Im Wilden Westen wurde er Hobble-Frank genannt. Doch den Namen dürfen Sie keinesfalls verlauten lassen. Und, Frau Rutkowsky, auch kein Wort von K. M. bitte. Zu niemanden. Am besten erwähnen Sie nicht mal, dass Sie Privatdetektivin sind. Wir wollen schließlich keine schlafenden Indianer wecken.«
»Wie bitte?«
»Ein kleiner Scherz.«
»Oh. Ich verstehe. Sehr witzig.«
»Ja, bin eben ein Hobble-Frank-Fan. Das schlägt durch.« Herr Hummerbrumm strahlte Karo durch seine beschlagenen Brillengläser hindurch an.
»Na, irgendein Hobby muss der Mensch haben«, sagte Karo, die keines hatte, immerhin aber eine sie ausfüllende Nebenbeschäftigung als hoch bezahlte schwarzarbeitende Putzfrau in den Villenvierteln des Essener Südens.
»Es ist mehr als ein Hobby für mich, Frau Rutkowsky, viel mehr. MIT dem Hobble-Frank verkaufe ich sogar Autos. Sie glauben gar nicht, wie viele Karl-May-Fans es besonders unter der Mercedes-Kundschaft gibt. Das ist ein Anknüpfungspunkt, sage ich Ihnen! Oft kann ich MIT Hobble-Frank sagen ‚Bei mir heeßt es immer wie bei Cäsar: fenni, fitti, fitschi, zu deutsch: er kam, sie packte ihn, und ich kriegte ihn!‘. Den Kunden in meinem Fall. Gut, was?«
Verwunderlich, dieser Enthusiasmus bei einem zweiundvierzigjährigen Autoverkäufer aus Plön. Aber wenn er damit Wagen verkaufte … »Gut, Herr Hummerbrumm. Ihr Auftrag lautet also: Wo ist oder wo war sein Grab. Dass er auf dem Hallo-Friedhof beerdigt wurde, ist sicher?«
weiter in: Hängen im Schacht
Die Autorin:
Gesine Schulz wurde in Niedersachsen geboren und ist im Ruhrgebiet aufgewachsen. Weil sie Bücher mochte und die Welt sehenwollte, wurde sie Bibliothekarin und ging für ein paar Jahre insAusland. Die meiste Zeit verbrachte sie auf Inseln (Irland, Manhattan), war aber auch in den Bergen (Schweiz, Bogotá, La Paz) und an einigen anderen Orten. Sie leitete, beriet oder reorganisierte Bibliotheken, war Frühstücksköchinin einem Hotel, entwarf und verkaufte Schmuck, eröffnete einen Trödelladen am Meer und vergnügte sich bei Ausgrabungen.
Zur Zeit lebt sie wieder im Ruhrgebiet. Sie schreibt Kurzkrimis und Kinderbücher.Ihr erstes Kinderbuch "Eine Tüte grüner Wind - Sommerferien in Irland" erschien 2002. Die ersten beiden Bände ihrer Kinderkrimiserie "Privatdetektivin Billie Pinkernell" wurden 2003 veröffentlicht.
Foto: Fotostudio Alpha
Geschlossen
vor 11 Jahren
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